Anreise Ortenau ~ Ichenheim

09.08.2024 Freitag

Dann kann es losgehen. Immer wieder schön, wenn man sein ganzes Haus piccobello hat, Wäsche gewaschen, gebügelt, geräumt (es könnten ja die Jungs mit Anhang kommen …) und man sich dann in die Enge des Womos pflanzt und den Motor startet. Der Gedanke, jetzt doch mal lieber daheim alle Viere von sich zu strecken, blitzt kurz auf, verflüchtigt sich augenblicklich beim Starten des Motors. Flott sitzt wieder jeder Handgriff, wie z.B. Foto machen von der Anzeigetafel im Armaturenbrett mit Kilometerstand. Das hab ich mir irgendwie angewöhnt, und das ist gut so. :-) Bei sonnigem Wetter verlassen wir unser Heimatdörfchen. Durch die Eifelwälder, den Hunsrück und hinweg über die Mosel kommen wir an die Saar, ziehen in Saarbrücken am Ufer entlang und erreichen am schmuddeligen Grenzbereich beim Hotel „Alter Zoll“ zügig das Ausland, Frankreich hat uns wiedermal. 

Die heutige Strecke von 250 km stellt keine große Herausforderung dar. Mautfrei wie gewöhnlich geht es ohne jeden Stau, obwohl Freitag ist, dahin, meist schnurgerade, wie es die Nationalrouten so an sich haben, aufgelockert durch zahlreiche Kreisverkehre. Es macht wieder Spaß, durch die anliegenden Örtchen hier im Elsass zu zuckeln. Üppiger Blumenschmuck, in wunderschöner Art kombiniert, ziert an allem was trägt die alten Fassaden, Brüstungen und Geländer. Einen winzigen Tanklastwagen sehen wir, der jeden einzelnen Pflanzkübel tränkt. Schon eine enorme Arbeit bei der Vielzahl an Pflanzen. 

Unser Ziel Marlenheim kommt in Sicht. Nach reichlich unschlüssiger Navigation zu den eingegebenen Koordinaten bringen wir Navi-Rüdiger erstmal zum Schweigen, nachdem er uns zum zweiten Mal auf die gleiche Strecke schicken will, die eine 2,50 m hohe Unterführung hat. Etwas ratlos auf einer Schnellstraße, die das nötige Rechtsabbiegen nicht erlaubt, fahren wir einfach mal in den Ort und versuchen dort unser Glück. Erschwert wird das Ganze, weil ich kein Netz habe, sich maps nicht öffnet und auch sonst nix. Ja, dann steht man schon blöd da, oder fährt blöd rum, wie‘s eben so kommt. Das wiederum erkennt eine Fußgängerin. Ob wir zum Winzer wollen, fragt sie freundlich grinsend. Ja ja, wir sind also nicht die einzigen, die hier herum irren. Und gern gibt sie uns im besten Sinne zielführende Anweisungen. So können wir eine besser geeignete 3,50 m hohe Unterführung passieren und nach Sichtung des ersten Elsass-Storchs über einen Radweg, ja ja, Radweg, endlich vor einem alten hohen Gebäudekomplex auf dem Winzer-Parkplatz landen. Kiste aus, Stühle raus, allerdings nur im Schatten, denn schön warm ist es und schwül. Also nicht mehr viel bewegen außer einem kurzen Gang ins Winzergehöft, etwas Wein kaufen, das war‘s für heute. Der SP hier ist bei France Passion gelistet. Damit haben wir nur schlechte Erfahrungen gemacht, und die vor einigen Jahren gekaufte Jahresmitgliedschaft, nachdem France Passion in aller Munde war, nicht verlängert. Leider stießen wir damals nur auf die wirklich letzten Ecken, wo man allenfalls im Notfall eine Nacht verbringen kann und sonst nichts. Hier ist es irgendwie ähnlich. Die Leute im Laden sind zwar sehr nett und freundlich, aber der Hof an sich ist nichts Besonderes. Und zudem liegt er an einer sehr stark befahrenen Straße, was mich schon mächtig stört. Für den Start einer Reise nicht schön, aber nicht immer passt alles. 

Am Abend klappert es ziemlich aufgeregt um uns herum. Die Storchenpaare in den überall zu sehenden Nestern läuten den Abend ein. Erinnerungen an das baltische Memelland mit seinen vielen Störchen werden wach. Immer wieder herrlich, den langbeinigen Gesellen zuzuschauen. Und morgen geht‘s zeitig weiter.

10.08.2024 Samstag

Die Sonne lockt. Ja, sie lockt in den Schatten. Aber wir müssen uns ihr aussetzen, aber nur kurz, denn schnell ist alles startklar, und wir sind abfahrbereit. Ein Blick aufs alte Hofgemäuer, und wir tauchen ein ins lieblich schöne Dörfchen mit seinem üppigen Blütenzauber und märchenhaften Fachwerkhäusern. Auf der anschließenden Schnellstraße zeigt sich das Winzeranwesen nochmal. Ja, wir erinnern uns an gestern, hier hat man durch verzwickte Streckenführung gleich mehrfach das Vergnügen an bestimmten Stellen. Und bevor wir im riesigen Rhein, der weit und blau wie ein Meer herauf auf die Brücke strahlt, die Grenze Frankreich - Deutschland passieren, durchfahren wir weitere sehenswerte Örtchen im d‘Alsace. Unterwegs macht Navi-Rüdiger aus der zu fahrenden Tagesstrecke von 40 km eine solche von sage und schreibe 79! Man glaubt das nicht. Fast verdoppelt, wo soll das denn hin gehen, eine Runde um Paris oder was!? Ich schaue nach, nein, kein Hindernis in den Tiefen des Navi-Hirns ersichtlich, keine eigenen „Vermeidungen“ hinterlegt. Einfach ganz normal, wie maps es zuhause ansagte, auf Straßburg zu und kurz über den Rhein. Was kann daran so schwer sein? Wir ignorieren und fahren willensstark Richtung Straßburg, folgen nicht Rüdigers Anweisungen. Nein, basta. Und siehe da, in Kürze, als er sich wohl gar nicht mehr zu helfen weiß und sich nicht mehr wertgeschätzt fühlt, meldet er: „ihre Route führt durch eine Umweltzone“, und bietet quasi in seiner unermesslichen Güte an: „annehmen oder ablehnen“. Jetzt erklärt sich alles. Daher dieser Umweg. Aber warum fragt einen ein Navi nicht schon beim Auswählen einer Strecke danach. Wenn es schon soooo schlau ist und sowas weiß, könnte es doch vorher fragen. Wir nehmen die Route durch die Umweltzone an. Unser Concördchen besitzt diesen gelben französischen Aufkleber, fest verbunden mittlerweile mit der Frontscheibe. Aber soweit, bis hoch zur Scheibe, über den Tellerrand, kann Rüdiger, dieses Opfer, nicht gucken. Jedenfalls wissen wir nun, dass sich solche Differenzen erklären lassen: Verschwiegene Umweltzonenumfahrungen. Spitz paß auf. 

Groß aufpassen müssen wir nun nicht mehr. Schnell finden wir Andis neuen Firmensitz. Aus RSM wurde ASM. Die Familie Schwendemann hat den Betrieb an ihren ehemaligen Mitarbeiter Andreas Weiß übergeben. Und er expandiert. Und er hat eine passende Halle gefunden und perfekt hergerichtet. Sehr toll können nun die Bikes präsentiert werden in einem schönen frischen Showroom, jede Menge Platz für Werkstatt und Lager und und und. Und auch für Wohnmobile. Hier können Wohnmobilisten nun anrollen, entspannt alles anschauen, Probefahrten unternehmen, Montagearbeiten von Heckgaragenträgern und Inspektionen am Rad erledigen lassen, Neuerungen bestaunen. Wir mischen uns erstmal unter die große Besucherschar, plaudern hier und da, probieren die Räder, drehen mehrere Runden, essen und trinken natürlich. Überall ist man guter Laune, die Stimmung ist herrlich. So vergehen die Stunden wie im Flug. Auf dem Nachbargrundstück feiert man eine wilde Mallorca-Party. Die Gäste haben erheblich längeres Durchhaltevermögen als wir hier gegenüber. Glücklicherweise sind wir abends noch in den hinteren Teil des Betriebsgeländes auf eine Wiese umgezogen. So vermengen sich Wohnmobilhitze und Schlafgemach mit nicht mehr sooo lauten „Schatzi schenk mir ein Foto“-Gesängen und der Schlaf übermannt uns irgendwann. Morgen andere Stelle, andere Welle.