10.06.2024 Montag
Leider zeigt sich der Montag nicht als blauer Montag. Eher ist er lichtgrau, gelegentlich grau-grün. Noch regnet es nicht, aber der Wind pfeift ordentlich, und aus den 26 Grad von gestern sind ratz fatz aktuell 13 Grad geworden. Da kam wohl über Nacht die Schafskälte um die Ecke. Schafskäse wäre uns zwar lieber, aber wen interessiert‘s. Die vorbeiziehenden Nilgänse jedenfalls nicht. Ein fauchender Hochdruckreiniger, den Bedienstete der Stadt sehr ordentlich und vorbildlich einsetzen bei der Reinigung der Entsorgungsstelle, passt ins Bild. Wir wollten heute morgen mal abwarten, wie die Lage so ist, was sich so ergibt, und entscheiden uns jetzt für Abreise. Die Wettervorhersage ist wenig erfreulich. Da wollen wir uns doch den wirklich herrlichen Eindruck unserer Ardennen-Woche nicht verwässern lassen und ziehen unser Zuhause vor. Schnell sind wir startklar, läuft. Am Ortsende von Givet im Kreisverkehr gibt man uns noch eine Erinnerung mit in Gestalt einer Zwiebel. Es findet wohl jedes Jahr am 11. November seit Napoleons Zeiten zu Ehren der Zwiebel ein Zwiebelmarkt „Foire aux Onignons“ statt, an dem rund 500 Händler aus ganz Frankreich teilnehmen. Angeblich soll es eine tolle Veranstaltung mit einer besonders herzlichen Atmosphäre sein, die nicht weniger als 20.000 Besucher anzieht. Mal vormerken, Stichwort „Zwiebel“. Und kurz darauf sind wir wieder in Belgien, wo alles nicht wesentlich anders aussieht und unser Navi-Rüdiger vor „Seitenwind voraus“ warnt. Der denkt sich auch immer was Neues aus.
Eine Sache muss noch geklärt werden, schließlich diente unsere Runde auch der Beantwortung der Frage: Wer oder was ist „Sanglochon“? Ja, gar nicht so einfach, oder doch. Denn nach rund 60 km erreichen wir den Punkt, der Klarheit bringen wird: die „Ferme des Sanglochons“. Da wo „Sanglochon“ drauf steht, ist allerdings kein „Sanglochon“ drin, also keine lebende „croisement hybride entre un sanglier et un cochon domestique“, eine Kreuzung aus Wild- und Hausschwein. Ein Sanglochon ist nämlich ein Wildschweinhybrid, ein Spross einer Liebelei zwischen einer Sau vom Hof und einem Wildschwein. Früher wurden Säue in die Wälder gebracht, und es passierte oft, dass sich eine von ihnen von einem wilden Zeitgenossen verführen ließ. Ein paar Monate später erblickten kleine Wildschweinhybride das Tageslicht und landeten auf den Tellern. Heutzutage ist der Wildschweinhybrid allerdings ausgestorben, da Einfriedungen verhindern, dass sich Säue mit Wildschweinen paaren. So ist kein Hauswildschweinbraten mehr im Angebot, aber Wurst aus Schweinefleisch und Wildschweinfleisch, die seit 1955 als typische Spezialität auf dem Ardenner Bauernhof in traditioneller Weise mit Pökeln, Räuchern und Trocknen hergestellt wird. Die kulinarische Institution schlechthin bietet aber auch den über Buchen- und Eichenspänen geräucherten Jambon d‘Ardenne an, der vor ca. 30 Jahren das EU-Siegel „geschützte geografische Angabe" erhalten hat. Er ist damit ein regionales Qualitätsprodukt, geschützt vor jedweder Nachahmung wie der Parma- oder der Schwarzwälder Schinken.
Und nach einer Fotorunde im kleinen gemütlichen, etwas skurrilen Lokal setzen wir uns an den gedeckten Tisch. Es darf getafelt werden: leckerer Salat mit Äpfeln und Nüssen und gebratenem Speck sowie Schinken- und Speckauswahl, geräucherte Wildschweinhartwurst, Pâté de Champagne, Aspik und leckeres Bauernbrot.
Eine richtig runde Sache, sehr rund, und ein gelungener Abschluss einer wirklich überraschend schönen und begeisternden Tour für Hund, für Mensch, für Leib und Seele durch die wilden Ardennen, die man empfehlen kann … aber nur besten Freunden :-).