10.11.2022 Donnerstag
Gegen Mittag geht es los. Maus-Hinterlassenschaften wurden nicht mehr gesichtet. Gefangen haben wir auf der zurückliegenden Holland-Tour auch keine. Weiß der Geier, jedenfalls ist sie vermutlich abgetaucht und weg. November liegt deutlich in der Luft, aber die Vorhersage ist gut. Das erleben wir schon bald, denn die Rebenhänge an der Mosel leuchten vor blauem Himmel in herbstbunten Farben. Kurz darauf wird es im Hunsrück nochmal nebulös, aber in den Niederungen der Saar lockert es auf.
Frankreich begrüßt uns dann mit sonnigem Wetter. Wir lassen unseren Navi-Rüdiger mautfrei navigieren und kommen nach Bitche. Mir fällt die Zitadelle ein, die wir vor Jahren mal besuchen wollten, was jedoch angesichts heftiger Regenschauer ins Wasser fiel. Aber heute, heute haben die „Bitches“ an Bord Lust auf Bitche. Also steuern wir den SP unterhalb der Zitadelle an. Gut erreichbar, wenngleich auch über schmale ansteigende Gassen, hangeln wir uns auf einen großen Parkplatz. Seitlich gibt es 5 perfekte, gepflegte und mit Hecken abgegrenzte kostenlose Parzellen für Womos. V+E ist möglich, Strom vorhanden, am Automat zahlt man 2 €. Das ist Frankreich eben. Immer wieder paradiesisch für Womobilisten. Ein Mitcamper steht schon da, also genügend Auswahl für uns. Wir parken ein. Concördchen hat Feierabend für heute.
Wir nicht. Ein harmloser Anstieg und schon erreichen wir über Kopfsteinpflaster quasi das Erdgeschoß der riesigen Zitadelle, das Wahrzeichen der Stadt Bitche und somit auch die Touristenattraktion, die aus einer ehemaligen Burg aus dem Mittelalter entstand. Sie liegt sehr günstig an einem damals strategisch bedeutsamen Knotenpunkt von mehreren bereits seit dem frühen Mittelalter wichtigen Fernverbindungen vom Rhein nach Lothringen und vom Elsass in die Pfalz, wodurch ihr eine derart hohe Bedeutung beigemessen wurde, dass man eine Neubefestigung im ganz großen Stil beschloss. Um das dazu erforderliche Geld zu erhalten, und jetzt kommt’s, wurde eine besondere Steuer in Lothringen ausgeschrieben, da bei den verschwenderischen Hofhaltungen der Adligen andere Gelder nicht flüssig waren. Ob der „gemeine“ Steuerzahler dann ebenso wie wir jetzt den herrlichen Ausblick auf das Städtchen Bitche mit seinen 6000 Einwohnern, die waldreichen Hügel der nördlichen Vogesen und den SP, auf dem mittlerweile ein weiteres Womo eingefädelt hat, genießen konnte, ist fraglich.
Rund um die Zitadelle führt ein Spazierweg. Leider kann man das Innere im Herbst und Winter nicht besichtigen, aber auch der Außenbereich lohnt sehr, vor allem, wenn wie jetzt, die Häuser im Tal wie hinter einem Schleier liegen und das grelle Sonnenlicht hier auf dem Burghügel für gewaltigen Kontrast sorgt und das Gegenlicht besonderen Reiz verströmt.
Die mächtige Festung krönt einen der zahlreichen Vogesenberge. Hier im Norden der Vogesen bestehen die oberen Schichten des Gebirges hauptsächlich aus Buntsandgestein. Auf solch einem 366 m langen und 30 bis 60 m breiten Sandsteinplateau wurde die weltberühmte Zitadelle errichtet und überragt die Umgebung von Bitche um etwa 80 m. Eine Markierung auf dem obersten Plateau zeigt eine Höhe über Meeresspiegel von 365 m an. Kein Wunder, dass der Blick von der Höhe der Festung weit über die kuppenreichen Nordvogesen reicht und das im 12. Jahrhundert entstandene Städtchen Bitche, das durch viele kriegerische Handlungen immer wieder die Landeszugehörigkeit wechselte und für 2 Jahrhunderte bis nach dem Ersten Weltkrieg an Deutschland fiel, phantastisch aus Vogelperspektive betrachtet werden kann.
Sehr gut kann man in den 40 m hoch aufragenden senkrechten Mauern den gewachsenen Steinsockel und Sandsteinkegel erkennen, auf dem aufgebaut wurde. Zum Teil sieht man in den Felsen getriebene Souterrains, in denen sich die Besatzungen der Festung in Sicherheit bringen konnten. Neben einem unterirdischen 450 m³ großen Wasserreservoir ist der gesamte steile Sandsteinfelsen durchzogen von einem Labyrinth in den Fels getriebener unterirdischer Gänge und großen Hallen.
Uneinnehmbar, so galt das Festungswerk, das bis ins 19. Jahrhundert hinein großräumig von Teichen und Sumpf umgeben war, was die Verteidigungsfähigkeit weiter erhöhte, da der Feind kein schweres Belagerungsmaterial in Stellung bringen konnte. Der Spazierweg ist lang genug, um ein Kopfkino in Gang zu setzen, beflügelt durch die Bilder der Kriege in der Welt. Eigentlich braucht man es wirklich nicht … aber der Besuch der Zitadelle ist dennoch schön.
Am Womo zurück schickt ein Mitcamper uns ein „Von-hinten“-Foto aus der Gegend um Saarbrücken und schreibt: „Ich hab Euch gesehen! Schöne Reise!“. Na das ist ja ein Ding, wie lustig. Er war gerade auf dem Weg zur Arbeit und hat uns erwischt. Die Welt ist klein!
11.11.2022 Freitag
Ja, so als ehemalige Kölner packt einen an diesem denkwürdigen Datum schon ein angenehm heimeliges Gefühl. Man fühlt förmlich die Schminke im Gesicht und spürt den Zug des Pappnasengummis hinterm Ohr. In den Ohren summt und singt es und unweigerlich denkt man: „Jooaahh, wenn datt Trömmelsche jeiht, dann stommer all parat …“. Parat stehn wir aber jetzt nur zum Abflug. Im Sinkflug nämlich geht es die steile Gasse vom SP, auf dem sich noch etliche Womos eingenistet haben, hinab ins Städtchen. Raureif liegt auf den sonnenabgewandten steilen Hängen des Burgbergs, aber die Sonne scheint warm.
Schöne alte Häuschen stehen am Straßenrand. Viel Farbe lässt sich blicken. Die Dörfchen im Elsass sind ja ohnehin sehr farbenfroh, wenngleich es hier durch das Bärenthal hindurch noch etwas karger und spärlich-uriger ist. Hier qualmen die Kamine und Pferdchen und Kühe stehen in fetten Weiden vor von Nebelschwaden umwaberten Wäldern. Etwas duster, aber doch auch wieder herzerwärmend. Wir fragen uns, wie der ältere Mann aus dem Oldtimer-Womo neben uns in Bitche, der seit Jahren im Womo lebt, nur herum kurvt, niemanden hat und niemanden will, nicht mal einen Hund, die Stunden seiner Tage verbringt. Mit Verdrängen? Auseinandersetzen kann er sich ja mit niemandem. Irgendwie unvorstellbar, wenn auch offenbar selbstgewählt.
An etlichen Seen fahren wir vorbei, an denen auffällig viele Angler sitzen. Komisch, so für einen Freitag. Arbeiten die Franzosen an Freitagen nicht? Wir lachen und befassen uns dann mit der Suche nach einem Supermarkt. Irgendwo taucht „Centre commercial“ auf einem Schild auf, also rechts ab, ein SuperU, prima, nur komisch: total leerer Parkplatz. Wim geht zum Eingang, geschlossen! Obwohl bei Mäckes nebenan Full House. Was ist das denn nun? Frage bleibt unbeantwortet, und wir ziehen weiter. Nächster Versuch, gleiches Ergebnis. Da fallen mir die Scharen der Angler ein. Und glasklar ist: in Frankreich muss heute Feiertag sein. Und ja, Google bestätigt, es ist heute ein Feiertag für irgendeinen Waffenstillstand in Irgendwo. Gut, Waffenstillstand kann nicht genug gefeiert werden, aber schnöde beharren wir auf dem Einkauf von wenigstens ein paar Croissants. Irgendwo klappt es. Ein riesiges Café lässt sich entdecken und anfahren und gibt Backwaren raus. Gerettet. Noch in Frankreich wird verzehrt, ehe es an Straßburg vorbei über die Rheinbrücke nach Deutschland geht.
Nur wenige Kilometer von den heute fälligen 100 und wir kommen an auf dem PP am Anglerheim in den Feldern hinter Neuried. Hier darf man nächtigen, sollte aber im „Heim“ speisen, versteht sich von selbst. Es ist nicht günstig, das, was bestellt und uns serviert wird, dafür riesig, sehr salzig und sauer. Schade.
12.11.2022 Samstag
Nebel um uns herum. Hier so in Rheinnähe wird die Sonne sehr sehr lange auf sich warten lassen, fraglich, ob sie es heute überhaupt schafft, sich durch die Nebelbänke zu schieben. Schnell einen Kaffee, reisefertig machen und durch die Felder zurück zu RSM. Wie immer bester Laune begrüßt uns Andreas Weis. Unsere Treffen sind immer sehr lustig. Und heute kommt noch dazu, dass wir mit dem neusten Flitzer eine Runde drehen können. Bisher gibt es nur einen Prototyp. Ganz ausgereift und ausgetüftelt ist er noch nicht, Andreas ist noch nicht ganz zufrieden, ein paar Feinheiten müssen noch stimmiger überarbeitet werden, hier müssen einfach 101 % stimmen, der Anspruch an Qualität ist hoch, man will das Maximum und gibt sich nicht zufrieden mit weniger. Jedenfalls wird man ab Frühjahr Allrad angetrieben unterwegs sein können. Da sind wir mal sehr gespannt … Bis dahin stehen für uns 2 ganz aktuelle Modelle, flammneue MobiFUN Bikes, mit allem Pi-Pa-Po bereit und auch schon flott in unserer Heckgarage. Wir lieben diese Räder, sie bringen so unglaublich viel Spaß, es ist eine einzige Freude, damit unterwegs zu sein. Ein Mann schwingt sich gerade im Hof auf sein ausgesuchtes Modell, macht eine Probefahrt, und kommt, was nicht anders zu erwarten war, begeistert zurück. „Da kann ich jetzt aber verstehen, was Sie mir gerade sagten, wie toll die Bikes sind!“ Tja, aufsitzen und freuen! Übrigens: Sollte mal jemand testen wollen und uns unterwegs erwischen oder mal in der Eifel in unserer Heimat unterwegs sein: einfach bei uns melden! Da lässt sich was einrichten … und für die Wildentschlossenen hätten wir auch noch ein „RSM-Zückerchen“ im Fahrradkörbchen ;-).
Wohin jetzt mit uns. Einerseits ist das Wetter wenig einladend, andererseits wollen wir die Neuen aber mal fahren. Straßburg ist um die Ecke, einen 7 km entfernt liegenden, gut geeigneten SP gegenüber auf deutscher Rheinseite in Kehl finden wir auch. Also nix wie hin. Und wenig später parken wir im Schatten eines Wasserturms ein auf dem ordentlichen, geschotterten SP, auf dem ein paar Womos stehen.
Wim räumt die Räder aus, macht den Anhänger für Chianga klar, packt noch eine zusätzliche Decke zum Zudecken für das Mäuschen ein. Wie war das doch gleich nochmal: es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung … schlecht ist sie nicht, aber eine Jacke mehr hätte es ohne weiteres sein dürfen. Denn unterwegs nach Straßburg ist es mit 6 Grad doch empfindlich kalt. So kalt, dass wir schon überlegen, umzukehren, aber was soll man im Womo hocken. Und Gottseidank halten wir durch, auch wenn es keine schönen Aussichten rundum gibt, aber die Hoffnung ist stärker, dass es in den Häuserreihen Straßburgs etwas angenehmer werden könnte, was sich auch so entwickelt, vor allem auch noch Farbe hinzu kommt, auch wenn der Turm der Cathédrale Notre Dame im Nebel verschwindet. Wunderschön trotzdem.
Sehr viele Menschen sind unterwegs. Wir kommen mit Rad ganz gut durch, besser als die Autos, die sich in langen Schlangen Richtung Parkhäuser wälzen, für die das Parkleitsystem ohnehin „complet“ anzeigt. In den Gassen schieben wir die Räder. Obwohl erst früher Nachmittag ist, dämmert es irgendwie schon und die kleinen Schaufenster leuchten wie Laternen. Vielfach hängen Adventsschmuck und Winterdekorationen an den historischen Fassaden der Häuser. Man wandert durch ein Bilderbuch, ein Wimmelbilderbuch, denn alle Nationen sind auf den Beinen mit allen denkbaren Beschäftigungen. Unweigerlich kommt Weihnachtsstimmung auf. Ich beschäftige mich, der Situation geschuldet, schon mal mit der Suche nach einem Paar Handschuhen und werde fündig. Wim beschäftigt sich mit der Beschaffung von Glühwein, dessen Duft sehr verlockend um die Straßenecken schleicht. Passt heute jedenfalls total.
Wir genießen die schöne verzaubernde Stimmung, wenn auch nicht erwartet, so aber doch stark erhofft. Vor vielen Jahren haben wir Straßburg „zwischen den Jahren“ besucht. Wettermäßig war es ähnlich reizlos. Aber angesichts der Pracht, die diese Stadt zu bieten hat mit ihren Kanälen und Parks und zauberhaften Gebäuden, dem französischen Flair und dem Hauch von Amsterdam, nur eben ganz anders, sollten wir in einer anderen Jahreszeit mal hierher kommen und uns Stunden herumtreiben.
Jetzt jedenfalls geht es erstmal Richtung Jardin des deux Rives, über die „Brücke der zwei Ufer“ zurück zum Womo über den Quai des Alpes am Kanal entlang und vorbei an hochmoderner Architektur, die auch wegen der gewählten Farben ein Hingucker ist. Alt und neu im spannenden Kontrast, das hat doch immer was. „Das macht etwas mit einem“, wie man heutzutage sagt. Uns „macht“ es jedenfalls für heute ein sehr angenehmes Gefühl, trotz nebulöser Zustände auf wärmende Eindrücke gestoßen zu sein. Radfahren lohnt sich, Straßburg auch.
13.11.2022 Sonntag
Straßburg würde sich auch heute lohnen, aber der Himmel ist wieder quasi unsichtbar. Null Struktur, nicht mal hell und dunkel, nein geschlossen lichtgrau matt. Schade. Daher räumen wir zusammen und ziehen weiter. Es ist nur eine kurze Strecke bis in die Nähe Obernai zum nächsten Ziel, einem Ackerbaubetrieb am Ortsrand von Meistratzheim. Also nicht, dass das nun der Ort der Orte im Elsass sei, aber hier geht‘s um Kraut, nicht um Rüben, und das Thema wollen wir doch mal vertiefen. Also erledigt Wim noch schnell V+E, wir verlassen Kehl, reisen über die Europa-Brücke wieder nach Frankreich ein und queren Straßburg.
Das Ziel, das mit „Capitale de la Choucroute“ auf schmuckem Schild angekündigt wird, liegt auf dem platten Land. Nun ja, Kohlköpfe ziehen sich eher selten an Hängen hinauf. Die ersten randvoll mit Kohlköpfen beladenen Hänger werden von riesigen Traktoren an riesige Höfe gekarrt. Durch das Dörfchen am Friedhof vorbei finden wir im Baustellengewirr doch noch den schmalen Feldweg zum Hof, um den es uns geht. Bestlage ist es gerade mal nicht, woran auch der volle Blick auf die bunten Dorfhäuser und die Kirche nichts entscheidend ändern können. Der Bauer flitzt schon aus seinem Wohnhaus herbei, begrüßt uns sehr freundlich und weist uns ein auf seinem großen freien Schotterplatz. Etliche Hallen und Silos sieht man, ansonsten nur Felder. Morgen könne man alles besichtigen, morgen liefe alles auf Hochtouren. Ab 8 Uhr sei man parat. Hui, ob wir so früh schon ins Kraut wollen, mal sehen.
Zunächst werden wir aber eine Runde radeln, und zwar bis Obernai. Chianga klettert wie immer ohne Aufforderung in ihren Anhänger und wühlt sich unter ihre Decke. Sie hat das so perfekt raus, wie sie das anstellen muss. Aber es ist auch wieder kalt heute, wir sind auch gut vermummt. Über gut ausgeschilderte Radwege, auf die tatsächlich Sonnenstrahlen fallen, da die Sonne es doch noch durch die Wolken schafft, sind die 7 km schnell erledigt.
Und wir stellen fest, dass wir tatsächlich schon einmal hier waren, war uns total entfallen. Vor dem Ort liegt nämlich ein großer PP, an den wir uns erinnern, auf dem auch Womos stehen dürfen, kostenlos. Auch heute stehen hier einige. Etliche davon sind unglaublich alte klapprige Kisten, rundum alles mögliche, was eigentlich so gar nicht rumstehen sollte. Richtig gammelig wirkt es, und es wundert einen echt, wie dieses Schmuckkästchen-Städtchen diesen Zustand überhaupt tolerieren kann. Na ja, wir gucken in eine andere Richtung und huschen durch den Torbogen ins Fachwerk-Wunderland, das sich heute unter blauem Himmel ganz besonders reizvoll präsentiert.
Alles ist natürlich erheblich kleiner als in Straßburg, aber ebenso sehenswert. Besucher schleichen auch genügend herum. Die Lokale sind gut besucht. Wir kehren nicht ein, Corona wollen wir uns nicht suchen und Außengastronomie scheidet aus trotz Sonnenschein.
Auf dem Rückweg passieren wir am Wegesrand einige Reste der hier damals typischen sogenannten "Napoleonsbänke". Es sind Ruhebänke aus Sandstein, die nach einer zweifelhaften Erzählung diesen Namen haben, da Napoleon deren Aufstellung befohlen haben soll. Sie sind mittlerweile als Kulturdenkmal geschützt und wurden im 19. Jahrhundert errichtet. Sie dienten den Bauern, die mit ihren Waren in Körben und Hotten oder den Bäuerinnen, die mit schweren Lasten auf dem Kopf zu den Märkten gingen, als Rastplatz und standen immer vor einem schattenspendenden Baum. Sie könnten sicher, könnten sie sprechen, von unzähligen Geschichten erzählen, die auf ihnen von den Rastenden erzählt wurden. Es ist schön, darüber nachzudenken, während wir zum Womo zurück radeln. Am Abend holt Wim am anderen Ortsende in einer Auberge eine Pizza ab. Echt zu empfehlen. Also, sollte mal jemand hier auf dem Hof stehn: das Rad nicht zu früh wegpacken.
14.11.2022 Montag
Zeitig am Morgen wird schon emsig rund um uns herum gearbeitet. Arbeiter kommen an mit ihren PKW, umzingeln uns, Stapler sausen herum. Eigentlich freuen wir uns auf die Besichtigung der Produktion in dieser Choucrouterie, der auch der Grund ist, warum wir überhaupt hier auf diesem ziemlich öden Platz stehen. Der Zweck heiligt die Mittel. Wir stiefeln also aus dem Womo und bahnen uns unseren Weg durch dichten Nebel Richtung Wohnhaus. Dem Schild „Visite“ folgend erreichen wir eine Tür, die kurz darauf von einer Frau geöffnet wird. Dahinter ist ein kleines Lädchen mit etlichen Produkten in einem Regal und in einer Kühltheke. In verschieden großen Eimerchen steht hier das Sauerkraut in allerlei Arten. Von „traditionell“, über „Riesling“ und „Champagner“, über „Lardon“ und „Foie gras“ findet man wohl etwas für jeden Geschmack. Nur: Man kann nichts probieren, nichts, das sei nicht möglich, erklärt uns die Frau nach einigem Hin und Her und dem Umstand, dass sie mein Französisch nicht versteht und weder Englisch noch Deutsch spricht. Blöde Situation. Wir kaufen aber dann quer durch die Geschmacksrichtungen ein paar Varianten im Eimer. Mein Geburtstag naht, da werden wir dann zuhause mal auftischen. Die angekündigte Besichtigung der Produktion findet ebenfalls nicht statt, der Mitarbeiter sei nicht da. Nur einen Blick können wir werfen in eine Halle mit riesigen Sauerkrautbottichen. Mannomann, ja, es gibt weitaus Ärgerlicheres auf der Welt, als darauf zu verzichten, einen Kohlkopf vom Leben zum Tod zu begleiten, aber für uns reicht es im Moment. Man muss dazu sagen, dass dieser Betrieb angeschlossen ist an dieses „France Passion“-System, also Höfe und Güter gelistet werden, auf denen man mit seinem Womo nächtigen darf, die das umsonst oder gegen geringere Gebühr anbieten mit der „Auflage“, im evtl. vorhandenen Gastbetrieb zu essen oder Hofladen einzukaufen. Unsere bisherigen Erfahrungen damit sind in Frankreich nicht gut. In keinem ausprobierten Fall hat es bisher bei uns funktioniert. Hier für diesen Betrieb kommt noch hinzu, dass sich die glanzvolle Internetpräsenz und die beworbene Produktion in Art und Weise nicht decken mit dem, was man vorfindet. Gut, hohe Erwartungen sind ja immer so eine Sache, Enttäuschungen ebenfalls. Aber uns erscheint hier alles ziemlich lieblos, eher so dahin geklatscht und einfallslos. Schade. Zur falschen Zeit am falschen Ort? Mag sein, andere machen andere Erfahrungen. Bei uns ist jedenfalls erstmal alles im Eimer. Die werden in der Heckgarage verstaut mit viel Hoffnung darauf, dass sich der Inhalt beim Servieren verlockender zeigen wird als der Herkunftsort. Müsste zu schaffen sein ;-).
Die Fahrt wird nun aufgenommen Richtung Heimat. Die Kohlfelder liegen ohnehin abgeerntet in der Landschaft. Die Nebellage ist konstant und soll so bleiben, dann lieber zurück an den heimischen Kamin. Hinter Straßburg erledigen wir noch einen obligatorischen Einkauf im französischen Supermarkt, und dann schnappt uns das Saarland. Mit einem bei jedem Wetter spektakulären Blick ins Moseltal beschließen wir unsere kleine Tour und genießen das aus Frankreich importierte Grillhähnchen zu „Bauer sucht Frau“ in der wohligen Wärme des lodernden Kaminfeuers. Tja, alles kann uns unser Concördchen eben nicht bieten. Bis zum nächsten Mal …