09.11.2021 Dienstag
Sonnenschein im Herbst, das lässt hoffen. Und sehr schnell befördert uns die Autobahn Richtung Saarbrücken durch wunderbaren Herbstzauber. Die Landschaft leuchtet und strahlt über die Hunsrück-Höhen und die Mosel hinweg.
Wir kurbeln uns durch den Pfälzer Wald und hinab ins Rheintal, das sich weit bis zum Horizont hin flach zu unseren Füßen ausbreitet. „Sausenheimer Höllenpfad“, eine Rebenlage zur Rechten, wird wohl hoffentlich nicht Programm sein auf unserer kleinen Tour, wobei Höllenfeuerfarben den Himmel bald überziehen, bevor und nachdem sich die Sonne für heute verabschiedet.
Es wird schon dunkel, obwohl es erst kurz nach 17 Uhr ist. Den Kraichgau erreichen wir nicht mehr bei Tageslicht, aber den Ort Neipperg kennen wir ja, so dass wir nicht suchen müssen. Am Winzerhof ist kein Platz besetzt, wir richten uns auf „unserer“ gewohnten Stelle ein. Und morgen sehen wir weiter.
10.11.2021 Mittwoch
Ruhig und gut verlief die Nacht. Leicht gefroren hat es, was aber der Herde Yaks nebenan nichts auszumachen scheint. Friedlich grasen sie unterhalb der Burg, umrahmt vom rostroten Laub der Reben.
Auch wenn sich Nebelschwaden herum drücken, lichtet sich der Himmel, Blau kommt hervor. Scheint ein schöner Tag zu werden. Das bedeutet: Räder klar machen. Wim spannt an. Und auf geht‘s. Die sich durch die Weinberge hoch hinauf schlängelnden Wege wollen bezwungen werden. Kein Problem, unsere Räder haben ganz schön Muckis, und die Hunde können raus aus den Hängern, müssen nicht gezogen werden, und können flitzen, denn hier stört man niemanden. Es ist einfach herrlich. Ich weiß nicht, wie oft ich es schon gesagt habe, dass das eigentlich der total volle Genuss ist, so gemeinsam zu sausen. Vogelfrei.
Und dazu dann diese lieblich-heimeligen Naturbilder, voller Saft und Kraft. Ja, ganz vereinzelt hängen noch ein paar Trauben in Reihen, Saft und Kraft ist allgegenwärtig. Süß und saftig warten die letzten Früchte darauf, was geschieht. Vermutlich sollen sie ihr Ende in einem exzellenten Eiswein finden. Wir wissen es nicht. Kann aber auch sein, dass eine Rebenreihe den Vögeln geopfert wird, um Unheil vom Hang abzuwenden. Wieder sehr schöne versponnene Gedanken, die sich nur außerhalb des Gewohnten lostreten lassen.
Hoch oben am „Hörnle“, einem urigen Lokal im Wald auf der Höhe, schweift der Blick bis hin zur Schwäbischen Alp, die sich leicht vernebelt erahnen lässt. Viele Spaziergänger sind unterwegs. Eine große Gruppe Rentner versammelt sich im Lokal und lässt sich deftig auftischen. Sie haben viel Spaß zusammen, kennen sich scheinbar gut. Corona-Regeln werden sehr genau ausgewiesen und beachtet, man muss seinen QR-Code einlesen, 2 x G ist Voraussetzung. Wir kehren nicht ein, genießen nur die Aussicht und radeln weiter.
Die höchste Erhebung hier in der Gegend, der Heidelberg, wird erklommen per Rad. Gut, Stufe 5 packt es, wenn auch ganz schön kräftig getreten werden muss. Aber die alten Knochen müssen mal wieder gefordert werden. Außenrum ist es schön frisch, ins Schwitzen geraten wir trotz mehrerer textiler Zwiebelschichten nicht.
Da uns die Filtertüten ausgegangen sind, wollen wir eine Ortschaft ansteuern. In Neipperg, dem kleinen 500-Seelen-Nest, gibt es keinen Laden mehr. Also versuchen wir unser Glück und stürzen uns in Windeseile von den Höhen hinab durch die wie gehäkelte Patchwork-Decken wirkenden Rebenfelder hinunter in die Niederungen ins Weindorf Dürrenzimmern. Der nächste Bäcker ist schon mal uns, Stücke vom Zwiebelkuchen und zwei Schnecken wandern mit heraus ins Fahrradkörbchen. 3 km weiter im Nachbarort Brackenheim finden wir das Nötige im Edeka und praktischerweise einen Hähnchengrillwagen. Abendessen geregelt.
Bei schönstem Wetter radeln wir zum Womo zurück und schreiten nach kurzer Verschnaufpause zur Probierstube im Weingut Echle. Barbara, die Winzerfrau, kennen wir schon einige Jahre. Wir haben uns immer viel zu erzählen. Alles wird nochmal durchprobiert von Rot über Rosé zu Weiß, von Brand zum Likör. Nach reichlich geordertem Flüssigbrot in Flaschen rollen wir zum Womo zurück. Wir brauchen Ruhe.
11.11.2021 Donnerstag
Tage, die mit Sackkarren starten, sollte in unserem Alter echt der Teufel holen. Aber im lichten Nebel findet Wim zum einen die Arbeit ganz und gar nicht schlecht, und zum anderen rollt die Karre quasi wie von alleine auf‘s Womo zu, was natürlich auch an der leicht abschüssigen Gasse liegen mag. Jedenfalls kann unser Concördchen sich wieder mal von der besten Seite zeigen und alle Hohlräume offenbaren zum Ladung fassen. Da wir zuhause den 90. Geburtstag unserer Mama zu feiern haben und natürlich die Weihnachtszeit naht, ist der Bedarf groß, und es fällt so einiges an. Aber wie gemacht für umfangreiches Warenaufkommen ist es kein Thema, alles unter (Womo)Dach und (Womo)Fach zu bekommen. Alle Luken gehen auch wieder zu, so dass wir uns zur Abfahrt fertig machen können.