12.07.2024 Freitag
Kurz überlegt, aber wir verlassen heute die Themse und reisen weiter. Es ist wolkig bedeckt. Ein Radausflug hätte kein so wirkliches Ziel. Daher nutzen wir den heutigen Tag, näher an Dover heranzukommen. Es ist nicht einfach, auf diesem Teilstück einen Zwischenstopp zu finden. Das hat mich gestern schon beschäftigt, und entsprechend ungut war meine Nacht. Ich mag es nicht, wenn für den nächsten Reisetag nicht irgendwie eine Planung steht. Zu weit ab von der Hauptroute wollen wir nicht. Nah anliegend wäre nur Leeds Castle. Ganz sicher sehenswert, vor allem das Dogs Collar Museum, das würde ich liebend gern besuchen. Unklar ist aber, bzw. es scheint so, als könne man es nur zusammen mit dem kompletten Castle besichtigen. Na ja, eine entsprechende Mailanfrage wurde nicht beantwortet. Hundeverbot herrscht auch überall lt. Website. Eintritt an die 40 £ pro Nase. Also schon eine Ansage. Nichts desto trotz wollen wir dort abbiegen und mal schauen, was geht. Auf unserem CP zahlen wir erstmal 50 €, ja Euro, für die 2 Nächte auf dem schönen Platz, angenehm alles, auch wenn der Geräuschpegel der vorbeiführenden Autobahn schon sehr hoch ist. Für uns war es hier wegen der Nähe zu Windsor sehr ideal, und nachts störte uns nichts. Wir machen uns vom Acker übers Gässchen zum Sträßchen zur Autobahn Richtung London. Durchs Gebüsch erhaschen wir noch einen Blick ins ehemalige Schlafgemach der Queen, kann auch das Esszimmer gewesen sein, und fließen mit dem Verkehr mit. Übrigens sollte ich lobend erwähnen, dass unser Navi-Rüdiger mittlerweile wieder einen absolut „good job“ macht, good boy. Zweifelsfrei gibt er selbst bei vielspurigen AB-Kreuzen rechtzeitig und optimal die Route an. Die Tage im Schrank haben ihn zur Besinnung gebracht.
Leeds Castle wird angesagt. Pompöse Einfahrt zum Parkgelände und noch pompösere Ausfahrt vom Parkgelände lernen wir kennen. Mehr nicht. Absolutes Hundeverbot in allen Bereichen, Fahrradverbot in allen Bereichen, über Nacht parken nicht erlaubt, was wir auch nicht anders erwartet haben, aber fragen kostet ja nichts. Damit ist auch der Plan dahin, in irgendeinem naheliegenden Pub nachzufragen wegen Übernachtungsmöglichkeit und von dort mit Rad anzurücken. Und alleine habe ich keine Lust für einen Besuch. Aber schade finde ich es und sauer bin ich auch, weil ich nun dieses Hundehalsbandmuseum nicht besuchen kann. Wir klappen das Buch zu und steuern einen CP in der Nähe an. Der ist sowas von runtergekommen. Eine Frau kommt aus einer Dauercampingunterkunft und erklärt uns, wir dürfen hier nicht stehen, sondern müssen weiter vorne warten, jemanden anrufen, der käme dann und würde uns einen freien Platz zuweisen. Aha, freien Platz … so so, hier ist bis auf ein paar Dauerbehausungen massenweise Platz auf der Wiese. Bitte wenden, bitte wenden, ohne Anruf ziehen wir weiter.
Zwischen „Fields of Gold“, da sind sie wieder die Felder und auch die für die Gegend typischen Zipfelmützenscheunen zum Trocknen von Hopfen, schlängeln wir uns nach Charing zu einem Pub. Hier sind Womos gerne gesehen, dürfen auf dem Parkplatz nächtigen gegen Verzehr im Lokal. Völlig in Ordnung. Wir parken am Ende ein. Nur wenige PKW stehen hier. Der Nachmittag wird vertrödelt und dazu genutzt, einen Übernachtungsplatz für unsere letzte Nacht möglichst nahe an Dover klarzumachen. Eine Mail wird positiv beantwortet, ein Lichtblick.
Auch unser Besuch des Pubs gelingt. Er ist scheinbar sehr beliebt, denn viele Gäste sind da, der Parkplatz inzwischen voll, auch mit 4 weiteren Freizeitfahrzeugen. Wir nehmen Fisch and Chips. Es schmeckt sehr gut in dieser alten abgewetzten urigen Kaschemme, die seit 1709 existiert. Ein Eckchen ist „antiker“ als das andere. Eine sehr bunte Mischung, aber so gemütlich zwischen den alten Balken und den uralten Sprossenfenstern mit den uralten Beschlägen. Und morgen sehen wir mehr und Meer.
13.07.2024 Samstag
Dann läuten wir mal den letzten Südengland-Rundreise-Tag ein. Tja, wo sind die 4 Wochen geblieben? So manch einer fragt sich das doch häufig, ein Phänomen, das aber nicht nur unterwegs auftritt, sondern auch daheim. Denken wir nicht darüber nach, machen Platz für „Nach der Reise ist vor der Reise“-Gedanken, und außerdem ist es ja noch nicht vorbei. Das Concördchen wälzt sich aus seiner Schlafecke hinter dem uralten Pub heraus auf das Landsträßchen. Knapp 60 km hat es heute vor der Brust. Ein Klacks. Nach einigen Kilometern geht‘s über die Autobahn Richtung Dover. Sehr viele LKW sind unterwegs. Auf einer Spur Richtung Folkstone zum Euro-Tunnel stehen sie lückenlos aufgereiht dicht an dicht. Auf unserer Spur läuft‘s. Auch vor Hafen Dover können wir an der LKW-Reihe vorbeiziehen. Im Hafengebiet herrscht wieder das schon bei Einreise bestaunte Durcheinander. Nicht nur der Verkehr, in den man sich aber gut einklinken kann, nein auch die anliegenden Gebäude und Anlagen vermitteln so gar kein übersichtliches Bild. Und das Ganze dann noch hinaufgestaffelt bis hoch oben zum Castle. Der Blick kann sich einen Moment ausruhen im Hafenbecken. Da geht es morgen hinaus aufs Meer mit uns.
Wenig später ist es mit Ruhe vorbei. Über ein paar Klippen und Mulden hinweg kommen wir zum Dörfchen St. Margaret‘s at Cliffe. Zungenbrecher der Ortsname, Halsbrecher die Zufahrt. Oben im Örtchen geht es noch. Aber dann. Es wird steil und steiler und immer steiler. Eng sowieso. Es ist nicht weit, 1 km, aber, auch wenn ich mich wiederhole, jeder Womobilist weiß, wie sich eine vermeintliche Kurzstrecke ziehen kann. Gegenverkehr, ein Wort, das plötzlich tonnenschwer auf einem lastet. Und wenn dann noch von unten ein PKW mit einem Schlauchboot auf Trailer entgegen kommt, wünscht man, er möge sich mitsamt seinem Boot in Luft auflösen. Aber er klemmt sich durchs seitliche Gebüsch und kurbelt sich nach oben. Wenn das Boot das mal ausgehalten hat, wenn das noch dicht ist. Unterschätze niemals die englischen Brombeerranken, gemeingefährlich hätte sie mein Vater bezeichnet. Aber es hat irgendwie aneinander vorbei gepasst. Und wir gelangen endlich auf freien Raum, Meeresniveau ist bis auf einen Unterschied, den eine breite Kiesnase bildet, erreicht. Auweia. Ja, park4night zeigte Fotos von Womos auf diesem Parkplatz, große, keine Kastenwagen oder gar kleiner, nein nein. Alle müssen hier durch die hohle Gasse nach unten. Keiner wurde eingeflogen. Aber keiner hat auch nur mit einem Nebensatz eine „steilere“ Zufahrt erwähnt. Bei Sichtung meiner Fotos später sehe ich ein abgedrehtes Verkehrsschild weit oben: „17 %“. Mehr sag ich jetzt nicht dazu. Hoffentlich machen wir heute Nacht ein Auge zu, wenigstens eins. Etwas Erleichterung schafft der Anblick von 2 Mitcampern, Womos auch längerer Art. Die müssen ja auch wieder rauf. Puuh. Erstmal einparken. Ganz am Ende ist eine passende Lücke, hinein. Der Kies liegt ziemlich locker, für das Concördchen dank Hinterradantrieb unbedenklich. Für unseren vorherigen Arto wäre das mal wieder der Untergang gewesen. 5 to und Frontantrieb mit Fiat Ducato, na der hätte sich beim ersten Versuch eingefräst. Nun stehen wir. Erwähnen sollte ich jetzt auch die bombastische Aussicht auf die Kalkfelsen rechts und links der Bucht und dieser tolle Meerblick. Man kann schlechter stehen. Man kann auch schlechtere Zufahrten finden. Noch schlechtere.
Dann machen wir mal einen Entspannungsspaziergang. Weit kommen wir allerdings nicht, denn …
… denn am benachbarten größeren Hymer sieht Wim, es sind Holländer. Und der Mann ist draußen. Und jetzt, liebes Tagebuch, folgt etwas, das wirst Du nicht glauben, nicht glauben können, weil es wahrhaftig unfassbar unglaublich ist. Aber es ist wahr, so etwas kann man sich nicht mal ausdenken. Und, wie sag ich immer, Zufälle gibt es nicht. Irgendwie Vorsehung. Also … beim Einlaufen auf den Parkplatz sahen wir auf der davor liegenden Promenade schon einen Ridgeback, eine Hündin. Nun gut, passiert ja hin und wieder. Und genau diese Hündin schlich nun am holländischen Womo entlang.
Ich: „Oh, auch schon ein älteres Mädchen, was?
Er: „Ja, sie ist schon 9.“
Ich: „Dann passen die beiden gut zusammen, Chianga ist auch seit ein paar Tagen 9.“
Er: „Ja, Kira hatte auch gerade Geburtstag.“
Ich: „Sie ist ja nicht etwa in Stadskanaal geboren?“
Er: „Doch.“
Ich: „Was?“
Er: „Ja, in Stadskanaal.“
Ich: „Wie jetzt, etwa bei den Züchtern Harry und Hennie?“
Er: „Ja!“
Ich: „Nein, das ist jetzt nicht wahr!?!“
Er: „Ja ja!!!“
Ich: „Chianga auch, ist ja wohl nicht zu glauben!!!“
Ja, ist echt unfucking fassbar. Stehen sich hier in diesem Klippenloch zwei Schwestern gegenüber, zwei Hündinnen aus einem Wurf. Und Chiraa und Chianga ähneln sich wirklich sehr. Na, da war dann was gebacken. Chiraas Mama kommt vom zweiten Nachbar-Womo zurück, drei Ehepaare stehen dann rings um 2 Hunde und schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie diese nicht gerade brauchen, um Fotos zu machen. Einfach der Wahnsinn! Chiraa ist gerade angekommen in England und wird 4 Wochen Schottland durchkreuzen, und Chianga hat ja nun 4 Wochen hinter sich. Es ist der Moment der Momente, dass man hier aufeinander trifft und miteinander ins Gespräch kommt, denn sehr oft ziehen Womobilisten stumm aneinander vorbei. Es wird uns auf ewig in Erinnerung bleiben. Ganz wunderbar!
So verbringen wir einen geselligen Nachmittag zusammen, die Holländer ziehen dann vor dem Abend weiter, wollen noch etwas Strecke machen. Wir schauen hinüber nach Frankreich, beobachten bei wechselnder Bewölkung den Schiffsverkehr auf dem Kanal, die mal mehr mal weniger hell leuchtenden Kalkfelsen in Calais und müssen dran denken, morgen die Uhren eine Stunde vorzudrehen.
Aber morgen ist erst morgen. Vom Lokal hole ich mir meine „Buchungsbestätigung“ ab, hänge sie an die Frontscheibe. Man sollte hier auf jeden Fall seinen Platzbedarf ankündigen und vorbestellen. Essen im Restaurant ist gewünscht/erforderlich, Übernachtung kostenlos. Am Abend erfüllen wir dann gern unsere Pflicht und gehn zum Essen ins Restaurant. Alle Tische sind besetzt. Hunde dürfen mit hinein in den Bar-Bereich. Die Speisekarte bietet einiges, was auch gut klingt. Unsere bestellten Speisen auch, schmeckten aber nicht. Ich muss erneut sagen, in den Küchen, die uns beköstigt haben, kann und sollte nachgebessert werden. Aber, auch wie erwähnt, kann es sein, dass es den Geschmack der Engländer trifft und es ihnen schmeckt. Wobei Qualität und Geschmack eines Burgers zu treffen, müsste doch wohl irgendwie Standard und Routine sein und zum Grundkurs 1. Lehrjahr gehören, auch in England. Ansonsten verläuft der Abend farbenfroh und etwas wehmütig.