Freitag 17.01.2014
Am Morgen überkommt uns wieder die Reiselust. Der Platz ist zwar idyllisch schön, aber wir wollen auch weiter und günstig ist er mit 40 € pro Nacht auch nicht gerade. Paradies ist eben nicht für einen Resterampenpreis zu bekommen. Wir räumen auf, gehen nochmal kurz zum Baden und reisen ab durch die Pfefferbaumallee in Richtung Monteallegro, Agrigente bzw. Torre de Salsa.
Wir halten an einer Tankstelle, müssen tanken, wiedermal nur per Automat möglich, was wir einfach nicht mögen. Der zieht auch gekonnt und problemlos unsere 20 € ein, gibt aber keinen Zapfhahn frei. Na, klasse. Während wir zweifelnd und ärgerlich dastehen und dem Automat eine auf seinen Schlitz knallen könnten, saust plötzlich eine Ape heran und bremst aus vollem Galopp mit quietschenden Reifen vor uns. Scheint wohl ein Modell aus dem Ferrari-Stall zu sein. Ein älterer Mann steigt kopfschüttelnd aus, erkennt sofort die Lage, und lamentiert herum, offenbar in dem Sinne, dass das schon wieder alles nicht funktioniere. Er greift zu seinem Handy, ruft jemanden an und erzählt dem ziemlich forsch, dass an der Tanke „Tedesca“ stehen, 20 € bezahlt haben, aber kein Diesel fließt. Er beendet das Telefonat und sagt uns, dass der Patron sofort käme, er habe ein rotes Auto.
Ich bestaune noch seine Ape, woraufhin er von der Ladefläche eine volle Plastiktüte mit Peperoni schnappt, mir in die Hand drückt, darauf hinweist, dass ich die Peperoni kontrollieren solle, sie seien aus seinem Garten, sehr gut und gesund. Dann schwingt er sich in seine Ape und verschwindet mit dem Hinweis, dass er gegenüber in seiner Casa wohne, falls noch etwas sein sollte.
Ehe wir uns umsehen, naht auch schon der Patron aus einer Seitenstraße mitsamt kleiner Tochter in rotem Auto, Vollbremsung an Zapfsäule mit Begrüßung, sehr knapp und genervt, wütend, dass das mit dem Automat wieder nicht klappt. Er rennt nochmals kurz weg mit dem Auto und kommt mit Schlüsseln wieder, schließt am Automat eine Klappe auf und zerrt aus dem Automateninnersten unseren Geldschein, schaltet die Säule frei, verschwindet wieder eilig, und wir können endlich tanken.
Schmunzelnd mit einem Sack Peperoni im Fußraum zuckeln wir weiter durch hügeliges Ackerland mit Orangen und Oliven, Blicke auf‘s Meer, und finden rasch die Abzweigung Torre de Salsa.
Kurz vorher stoppen wir an einer Tankstelle, tanken sicherheitshalber nochmal voll. Außerdem stinkt SuLAIKA plötzlich. Wim schaut nach, und unter der Haube zeigt sich, dass an einem Stromkasten die Abdeckung fehlt. Ist wohl noch beim Händler geblieben als Andenken. Nicht zu glauben alles.
Eine schmale Straße führt zum hochgelobten SP Agriturismo Torre de Salsa. Angekommen ist er für mich eine totale Enttäuschung. Zum fast 2 km entfernten Strand darf man nicht fahren, dort auch nicht nächtigen entgegen dem Eintrag auf der Website, man muss oben auf einer Wiese bleiben. Da stehen 3 Womos, ein Augsburger, ein Franzose und ein Italiener. Alle stehen schon über Winter hier und preisen den tollen Ort.
Wir setzen uns etwas in die Sonne, wird aber dann zu kalt, und drehen eine kleine Runde zu Fuß. Mir ist es zu weit zum Meer, bin schon ziemlich enttäuscht. Etwas entschädigt das Blumensträußchen mit gelben Margeriten, das Wim mir pflückt, und ein paar Blumenbilder, die ich machen kann.
Zurück im Womo scheint nur ganz wenig Stromleistung über die Platzsteckdose zu kommen, irgendwie funktioniert nichts. Schön blöd für vermutlich 15 € pro Nacht und Dusche extra und 2 Mindestnächte. Ich ärgere mich. Wir essen restliches Grillfleisch von gestern, Kartoffeln und Erbsen mit Möhren. Morgen müssen wir dringend mal einkaufen. Als Betthupferl und ganz große Entschädigung zeigt sich dann aber noch ein blutrot durchzogener wolkiger Abendhimmel, niemals habe ich einen Himmel in dieser Art gesehen.
Samstag 18.01.2014
Nun sind wir seit 2 Wochen unterwegs und haben schon so viel kennen gelernt und erfahren. Das Wetter ist heute durchwachsen, der Himmel, bewölkt, aber auch sonnig und windig. 19 Grad, richtig warm. Wir räumen rum, hängen die Wäsche raus. Die dauercampende Nachbarschaft war schon fleißig und hat die Leinen voll.
Wir fahren ab zum Einkauf nach Montallegro. Am Ortseingang ist ein Conad, wir sehen ihn erst, als wir schon vorbei sind und fahren durch den Ort. Ganz nett soweit. Aber mir gefällt es hier nicht sehr. Wir drehen um und kaufen in dem Conad ein. Ein langhaariger älterer Sizilianer mit Schlägerkappe kommt auf uns zu. Er scheint der Boss zu sein, freut sich, dass er uns auf Deutsch begrüßen kann und erzählt freudig, dass er Mitte der 70er in Hamburg und Stuttgart gearbeitet habe. Er fragt uns, ob wir im Torre Salsa sind, sagt, dass viele Deutsche immer dort seien und in der Bar im Ort sitzen würden. Wenn uns im Laden etwas fehlen würde, sollen wir nur nach ihm, Pasquale, rufen. Netter Mensch!
Wir verstauen unsere Einkäufe und beschließen, vor Rückkehr zum SP noch 20 km weiter bis Realmonte zur Scala dei Turchi zu fahren. Die Treppe der Türken, ein monumentaler weißer Fels am Meer mit seltsamen Stufen, können wir leider nur an einer Stelle der Landstraße von oben sehen, aber dennoch ist der Anblick grandios. Die Zufahrt führt uns zunächst durch den Ort und ist ziemlich abenteuerlich, sehr eng, steil und kurvig. Aber weil ein Stellplatz ausgeschildert ist, sind wir irgendwie sicher, man passt wohl irgendwie hindurch.
Vor Porto Empedolce finden wir dann doch noch eine Straße von den Klippen hinunter an das aufgewühlte Meer, stellen SuLAIKA auf einem großen Parkplatz ab und spazieren am weitläufigen Strand, machen tolle Photos vom springenden und fliegenden Bazou, kehren im Strandlokal Kenia ein und verzehren eine richtig gute Pizza.
Auf der Rückfahrt zu unserem SP biegen wir mutig nochmal ab. Evtl. lässt sich so das Ende der Bucht erreichen. Aber die Straße wird dann doch zum Feldweg und sehr schlecht. Wim geht später noch mit Bazou den weiten Weg zum Strand runter. Ich lese im Reisehandbuch. Abends gibt es Orangen und Chips, die Pizza vom Mittag machte satt genug. Wir sehen fern, Will Smith in Sieben Leben. Es stürmt sehr, mir ist leicht schwindelig, weil das Womo so wackelt.
Sonntag 19.01.2014
Wir werden schon früh munter, packen alles, bezahlen, wahnsinnige 42 € für 2 Nächte sind fällig, Wucher! Und man fragt sich wofür?! Der beleibte Besitzer wälzt sich auf seinem Bürostuhl rum und redet kein Wort mit mir, legt mir die Rechnung vor, kassiert, das war's. Auch toll!
Wir fahren los immer der Küste nach Osten entlang. Vor unserem geplanten Zwischenstopp in Falconara können wir von weitem noch einen Blick auf die Ausgrabungsstätte in Agrigento werfen, sehen einen Teil des monumentalen griechischen Tempels, werden ihm aber auf dieser Reise keinen Besuch abstatten.
In der Gegend um Licata wird viel Landwirtschaft betrieben, wir sehen wieder kilometerweit Gewächshäuser in gutem Zustand.
Leider ist in Falconara das direkt am Meer gelegene Castello, das wir uns gerne angeschaut hätten, geschlossen, vermutlich weil Winterzeit ist. Nur eine davor liegende Bar hat geöffnet. Wir nehmen due espressi und essen Leckeres mit Ricotta-Füllung.
Gut gestärkt geht die Fahrt weiter mit Ziel Comiso, eine von etlichen sehenswerten barocken Kleinstädten auf Sizilien. Dort werden ja wohl die Stadttore offen sein.
Direkt am Ortseingang liegt ein übervoller SP. Schade, unser Versuch, eine Lücke zu ergattern, scheitert, hier geht nichts mehr. In den ziemlich leeren Straßen finden wir aber Nähe Duomo eine Parkmöglichkeit am Straßenrand.
Ich frage aus dem Auto raus einen Mann auf dem Gehsteig, wohin es zum Centro storico gehe, er erklärt es mir. Wim ist draußen, und der Mann gibt ihm wie selbstverständlich die Hand. Wir schauen uns etwas um, latschen durch die Gassen. Es herrscht sonntägliche Ruhe und Gelassenheit. Ein älterer Mann im tadellosen, aber alten schwarzen Anzug mit Schlips und Kragen stoppt bei uns, begrüßt uns, fragt woher wir kommen, freut sich auch wieder sichtlich, dass wir aus Deutschland sind. Und erzählt uns in ziemlich gutem Deutsch, dass er als junger Mann mit 20 Jahren in Nürnberg für 5 Jahre gewesen sei. Er strahlt als ich sage, dass man sich in Deutschland damals sehr über die Italiener und Sizilianer gefreut habe. Er verabschiedet sich mit Handschlag! Es ist toll für uns, diese Sympathien immer wieder im direkten Kontakt zu erleben und zu spüren! Aber auch das vielzählige "Daumen-hoch" beim Vorbeifahren an den Menschen hier macht das Reisen so schön. Sich willkommen in einem Land zu fühlen, macht glücklich und ehrt ungemein.
Nun verlassen wir die barocken Gassen in Comiso und wollen wieder ans Meer nach Punta Bracchetto auf einen SP oder CP. In der Nähe liegt der, den die Friesen uns genannt hatten, Luminoso. Daneben liegt ein weiterer, Scarabeo, der im Reiseführer sehr gut beschrieben ist. Wir fahren den letztgenannten an. Die Landschaft dort ist nicht mehr so idyllisch, offensichtlich der Obst- und Nutzgarten der Nation, übervoll mit Gewächshäusern, alles unter Plane. Aber klar, man kann nicht alles haben, unberührte Natur und das ganze Jahr hindurch Tomaten.
Aber dafür gefällt uns der Platz sehr gut. Wir finden eine Lücke mit kleinem Blick zum Meer. Die Bucht ist herrlich, der Platz fast voll, ein ungewohntes Bild. Viele Überwinterer sind dort, viele Deutsche, Österreicher. Wir haben sogar ein Privatklo. Und ein Hundebadebecken gibt‘s, was wir aber eher nicht brauchen. Ein Bäcker kommt morgens vorbei. Sehr freundlicher Empfang. 20€/Nacht. Wir gehen noch kurz zum Strand und erfreuen uns an den letzten Strahlen der untergehenden Sonne.
Abends gibt es frische Tagliatelle mit Spinat und die gestern bei Pasquale gekauften kleinen panierten Fleischrollen. Tatort schauen klappt heute nicht, da die Antenne ARD nicht findet.
Heute war zudem ein Unfalltag, unterwegs haben wir 2 gesehen, einen wohl sehr schlimmen und 1 x nur ein Plötsch Kleinwagen und Bus. Aber bei unserer CP-Suche sind wir vom Navi falsch geleitet worden und standen plötzlich mitten in den Gewächshausreihen, suchten nach dem neuen Weg, keine Menschenseele weit und breit, bis plötzlich von hinten ein Kleinwagen ankommt. Er will sich an unserem stehenden Womo vorbei quetschen und rammt uns hinten an. Ich sehe noch, wie Wim völlig außer sich gerät, nur zur Fahrerseite raus brüllt, rausspringt, total verzweifelt. Als ich aussteige sehe ich, wie das Auto an unserer hinteren Verkleidung hängt, nur noch nach vorne, aber nicht mehr rückwärts kann, sonst würde es uns alles abreißen. Wim hat den Vollpfosten dann millimeterweise von und an unserem Womo vorbei gelotst. Ich bin auch beinah ausgetickt und hab ihn wüst auf Italienisch beschimpft. Zum Glück ging nochmal alles gut bis auf ein paar Schrammen!
Montag 20.01.1014
Wir haben gut geschlafen, etwas Bewölkung aber die Sonne wird es schaffen. Die Frage ist wieder: fahren oder bleiben. Wim möchte gerne bleiben, ich würde gerne fahren, weil unsere Lücke doch nicht so schön ist. Da wird in erster Reihe Platz 30 gerade frei. Wim ist Gottseidank einverstanden, unser WoMo sofort umzuparken. Nun haben wir eine wahnsinnig schöne Aussicht und eine herrliche Sonnenecke. Wunderbar. Wir bleiben. Allerdings werden, wie uns die Betreiberin sagt, morgen früh Steine in die Bucht geschleppt, daher muss die erste Reihe abends geräumt werden. Egal, machen wir dann. Ich genieße die freie Lage sehr! Traumhaft! Bazou hat Platz ohne Ende, Strand und Meer zu Füßen, Sonnenuntergang vor der Tür. Ich wasche paar Sachen und hänge sie in den Wind, wunderbar. Mittags koche ich die sizilianische frische Pasta mit dem Pesto aus Erice und Parmiggiano drüber. Köstlich!
Wir radeln später noch etwas um die Ecken in dieser tollen schroffen und zerklüfteten Küstenlandschaft mit Felsen und Sand. Das Meer tost, die Wellen rauschen. An jeder kleinen Bucht könnte man sich Stunden aufhalten. Sicher wäre das im Sommer auch ein herrlicher Platz zum Faulenzen.
Wir kommen in einer kleinen Ortschaft an einem noch kleineren Markt vorbei und nehmen Eier, Möhren und Pomodori mit. Der Besitzer spricht tadelloses Deutsch, der Wahnsinn hier in Sizilien. Er lebte mal in Wuppertal.
Am CP zurück, parken wir brav aber schweren Herzens unser Womo von der ersten Reihe weg. Die Sonne geht herrlich rot unter. Abends kocht Wim und brutzelt einen Hackbraten im Backofen, der richtig gut gelingt, dazu Möhren und Kartoffeln.
Heute morgen ging übrigens das Gas aus der neuen Flasche zu Ende. Ich finde, wir sind lange damit hingekommen.
Wir gucken einen ganz guten Film mit Jan J. Liefers, und bleiben später noch bis nach Mitternacht bei Der Sturm mit George Clooney hängen, sehr spannend und auch sehr traurig.
Dienstag 21.01.2014
In der Nacht fiel etwas Regen. Stürmisch ist es heute, wunderbare Wolken in allen Farben und Gebilden ziehen am blauen Himmel. Von den Bauarbeitern keine Spur. Wim erkundigt sich an der Rezeption. Sie kämen wohl morgen, aber wir müssen alle so stehen bleiben. Toll! Ich bin ziemlich enttäuscht, ich hätte mich gerne ein paar Tage hier eingenistet. Großer Mist! Aber in der Lücke, in der wir jetzt quetschen, will ich nicht abwarten müssen, bis man hier endlich soweit ist.
Also packen wir, bezahlen knapp 40 € für die 2 Nächte, was völlig o.k. ist.
Und es geht weiter ... hinein ins Blaue ...
Wir nehmen die Küstenstraße Richtung Südosten nach Portopalo di Capo Passero. Die Strecke entpuppt sich als wirklich wunderbar, mit langen Dünengürteln, Sandstränden, Gischt und Sand wehen ums Womo. Einfach toll! Unterwegs findet sich unmittelbar am Meer eine Möglichkeit zu parken. Aber leider will Wim nicht einmal gucken, und ich fand das dort so wundervoll. Aber so ist das, Einigkeit ist nicht immer in den wenigen Sekunden des Vorbeifahrens zu erreichen. Man schmollt etwas vor sich hin, und dann ist es aber auch wieder gut, jedenfalls meistens.
So steuern wir Portopalo di Capo Passero an. Zum Fischerhafen hin müssen wir uns durch ein Gassengewirr zwängen. Sehr abenteuerlich! Die sizilianischen Dörfer haben es in sich, das Enge, nicht das Weite. Da gerät man schon mal aus der Fassung. Nicht nur seitlich gilt: Spitz pass auf! Nein, auch über einem lauern Hindernisse, meist bepflanzt und/oder mit Flatterwäsche, die einem flott aus einem Alkoven eine offene Dachterrasse machen könnten.
Die Witterung ist sonnig, aber extrem windig. Im riesigen Hafenbecken schaukeln die Boote sehr stark. Bazou schaut sich das Schauspiel sehr erstaunt und interessiert an. Wir gehen etwas auf der Kaimauer herum bis zur Spitze, lassen uns kräftig durchblasen, Ohrensausen heute gratis mit dabei.
Jetzt steht der CP Picadilly auf dem Plan, der aber extrem blöd liegt und uns trotz nettem Besitzer nicht gefällt. Wir suchen weiter, fahren ein Stück zurück und landen auf dem südlichsten Zipfel Siziliens mit wunderbarem Blick auf’s tosende Meer und ein altes vor sich hin verfallendes Gemäuer auf der winzigen unbewohnten Isola delle Correnti. Der sehr starke Wind treibt Wolken in allen Farben und Formen. Sehr beeindruckend.
Wir kochen uns einen Kaffee, genießen die Aussicht und essen ein Hörnchen mit Crema und Chiocolatta. Wim will hier nicht unbedingt übernachten, daher suchen wir was Neues raus, Richtung Noto, in einem Naturschutzgebiet, den Agriturismo Calamosche, und wir setzen uns in Bewegung.