von Oase Tighmert nach Oued Ma Fatma


Tag 50 - 05.03.2023 Sonntag

Nebulöse Zustände herrschen am frühen Morgen. Die Oasenhäuschen liegen im Dunst. Die vielen abgestorbenen oder zumindest durch Trockenheit stark geschädigten Palmen im sehr lichten Oasengebiet wirken gespenstig. Bald aber räumt die Sonne auf, gibt allem wieder diesen exotischen Anstrich. Für uns geht die Reise weiter, nachdem wir dem Hausherrn 40 DH auf seine Angabe „so viel wie wir möchten“ gegeben haben. Eigentlich ist das zu viel, wenn man bedenkt, wie die Preisgestaltung ist. Aber 20 DH ist ja so gut wie nichts, da fängt dann schämen an. Ach, manchmal weiß man eben nicht so recht. Und wegen 1 oder 2 € machen wir uns jetzt keine Gedanken. Wir haben schön und gut genächtigt, wurden freundlich begrüßt und verabschiedet, was will man mehr. Jetzt nix wie raus und durch das in der Morgensonne liegende Guelmim und das Stadttor hindurch Richtung Laayoune.

Auf jungfräulichem Asphaltteppich in vier Bahnen, Qualitätsstufe „Babypo“, trauen wir unseren Ohren nicht, wie geschmeidig es sich hier ohne Gerumpel dahinziehen lässt. Die N1 wird wohl mustergültig ausgebaut und vermutlich an die im Bau befindliche Strecke, die wir unterwegs sahen, irgendwann anschließen. Dann kann man in einem Rutsch bis Mauretanien, oder annähernd. Aber diese Vorstellung wird flott relativiert, und das gewohnte Bild der N1 zeigt sich, und es bleibt für etliche Kilometer, wobei phasenweise auch schon der neue Asphalt herhalten darf. 

Die wenigen Ansiedlungen bis TanTan sind abenteuerlich. Wie aus der Zeit gefallen haust man hier, bietet an der Straße Treibstoff an. Auf der langen Strecke Guelmim - TanTan gibt es nämlich keine Tankstelle, nur Zeit und Raum für Gedanken daran, wie Menschen in solchen Umfeldern leben können. Spannung bietet die Route wenig, sieht man von der in den Leitungen, die auf Hunderten von Masten ruhen, einmal ab. 

Weit vor TanTan wird gearbeitet, die Straßenbauer sind mit und ohne schweres Gerät auch am Sonntag emsig bei der Arbeit und gestalten Farbspektakel in allen möglichen Grau-, Anthrazit- und Erdtönen, die wir so noch nie gesehen haben. Und wir erreichen die am Ortseingang TanTan positionierten Dromedare sehr komfortabel und entspannt, fahren bei unserer Werkstatt vorbei, die unseren Arto damals wieder flott machte, treffen aber leider niemanden an.

Wir nehmen die Route quer durch das Städtchen, das unangenehm durch sehr viel Müll auffällt. Bemerkenswert ist das, weil wir bisher auf unserer Route sehr ordentliche Zustände gesehen haben. Aber man muss sagen, dass auch bei unserem ersten Besuch das Bild dieser Stadt sehr schmuddelig war und viel Unrat rumlag, es sich also leider nichts verändert zu haben scheint.

Dann schluckt uns wieder das Wüstenland. Bis El Ouatia zur Atlantikküste ist es nicht weit, wir besorgen dort Brot und fahren an den CP am Strand vorbei. Es gefällt uns nichts. Auch daran hat sich seit letztem Besuch nichts geändert. Wir können dem Ort nebst Strand und CP nichts abgewinnen, wollten aber ohnehin nicht bleiben.

Nun rumpeln wir teils gut, teils schlecht, teils miserabel ganz küstennah vorbei an vielen Anglern und Containern, die als Militärposten dienen, und sich in engem Abstand auf Felsnasen aneinander reihen zur Sicherung der Küste. Es geht von einem Oued zum nächsten. Über das Oued Chbika hinweg, wo sich goldene Sanddünen direkt ins Meer schieben und einem wirklich atemberaubende Bilder bieten, kommen wir zum Oued Ma Fatma. Durch die Senke hinauf überholt uns ein Geländewagen. Staunen ist groß, hat der doch ein Kennzeichen aus unserem Nachbarkreis. Damit nicht genug, denn dahinter kommt ein weiterer, und der trägt „unser“ Nummernschild. Ist das noch zu glauben? Großes Gehupe, Gewinke, und dann verschwinden wir in der holperigen Einfahrt auf die Klippen zum Nachtlagerfassen. Es drehte sich um nicht mal eine halbe Minute, dann wären wir uns nicht begegnet. 

Hier auf diesem CP auf den Klippen mit Fototapete geeignetem Motiv hoch über dem Oued standen wir vor einigen Jahren schon einmal. Es gibt an der langen Küstenlinie nur wenige Stellen, an denen man mit Womo parken kann und nächtigen darf. Allrad-Fahrzeuge können über viele Kilometer weiter nördlich direkt am Strand entlang fahren. Aber es braucht auch extrem viel Erfahrung, da über 40 km nichts ist und einen bei einer Panne die Atlantikwellen schnell mitnehmen können oder man elend im Sand feststecken bleibt. Alles nicht so prickelnd, und manch einer hat sich und sein Equipment schon überschätzt und die Natur unterschätzt. Nun richten wir uns aus. Ein französisches Grüppchen steht schon hier und zwei polnische Mitcamper. Freundlich grüßt man sich, sehr viel anders, als die Besatzung eines Extrem-Offroad-Irgendwas.de, die sich in einem Pickup mit Kabine dazu stellen, völlig abweisend und abschätzig dann doch wieder abfahren, ist ihnen und ihrer „Extrem-Vorstellung“ wohl zu würdelos flach hier. Solchen „Genossen“ wünscht man den unnachgiebigen nächtlichen Besuch des Militärs mit der zweifelsfreien Aufforderung, das Feld zu räumen. Manchmal ärgert mich solch eine Begegnung sehr, denn zum Erwidern  einer Begrüßung sollte sich wohl jeder Mensch hinreißen lassen können. Extrem halt. Extrem Sch… 

Unser Hausherr kommt grinsend auf uns zu, signalisiert sofort, dass er uns kennt. 20 DH kostet die Übernachtung, und er weist auf viele Hunde in der Umgebung hin. In der Gegend, in der man glaubt, niemand würde hier leben, ducken sich viele Unterstände, mal mit mehr, mal mit weniger Steinen und Planen, das Zuhause von Familien und ihren Herden. Und selbstverständlich leben dort auch viele Hunde. Und es dauert keine 10 Minuten und ein wunderschön geflecktes Hündchen kommt an. Ängstlich etwas, aber entschlossen. Dazu gesellt sich eine weitere ältere, sehr hagere Hündin. Und wenig später ein junger noch tappsiger schwarz-brauner Moppelmann mit viel Entdeckerfreude im Blick. Nein, zack, wir sind wieder gefangen. Einer schöner, lieber, sanfter als der andere. Chianga ist sogar auch ein wenig interessiert. Die vier Damen und der Zwerg verbringen einen total entspannten Nachmittag zusammen auf unserer Auslegware. Und nach einer guten Portion Reis mit Hundefutter und Milch beschließen die 3, auch die Nacht zusammengerollt direkt an unserer Stufe zu verbringen. Einfach zuckersüß. Wen interessiert dann noch die Aussicht. Der Abschied morgen wird schwerfallen.