08.01.2015 Donnerstag – Santiago de Compostela
Wir backen Brot auf, Frühstück, ich räume Klamotten, machen startklar, füllen Frischwasser an öffentlicher Zapfstelle nach und ab geht's gegen 10 Uhr, weg von der rauhen wilden Küste, in Richtung Santiago de Compostela. Wir fahren AB, zahlen ein wenig Maut. Es regnet hin und wieder, grau in grau im Gebirge. Aber dann reißt es doch auf. Wir erreichen CP in Santiago ganz gut, allerdings wieder über unmögliche steile Gassen - im Nachhinein sahen wir, dass es erheblich komfortabler gegangen wäre. Der Platz ist nett, Formalitäten erledigen, wie das eben so ist auf einem CP, und eben nicht mein Fall. Ein französisches WoMo steht schon da, sonst nichts. Hätte ich auch anders gedacht.
Wir rüsten schnell zur Besichtigung der Stadt. Gegen 13.30 Uhr machen wir uns auf. Wir sitzen zwar auf einem der vielen Hügel, aber von Dom oder Centro historico ist nichts zu sehen. 3 km zu Fuß dorthin, ein Bus geht auch, aber ein perro darf nicht mit. Also latschen wir. Ich kämpfe mich tapfer durch, bin abends mächtig stolz. Beeindruckend und berührend für mich ist, dass unendlich viele Pilger hier schon den Camino gegangen sind, sicher auch am Ende ihrer Kräfte. Im Gehweg ist in Abständen immer wieder eine Muschel aus Metall eingelassen, sie weist den Weg. Über sie hinweg wurde von unzähligen Pilgern auf müden, wunden Füßen Erschöpfung und Erleichterung getragen, Herzen und Seelen, die ganz gewiss Befreiung spürten.
Und dann stehen wir vor der Porto de Camino und um paar Ecken auch vor dem Dom. Innen ist er sehr eindrucksvoll mit gigantischen Orgeln beidseitig mit waagerechten Pfeifen, sehr schön geschnitzten Bänken, einem Altargang und vielen Nebenkapellen. Wie viele hier schon gebetet haben.
Draußen spricht uns ein Mann auf Bazou an in sehr gutem Deutsch, er erzählt, er habe 7 Monate in Heidelberg eine Schule besucht, kenne Köln und den Dom, es war eine schöne Begegnung. Wir schlendern zeitvergessen durch die alten Gassen und kehren noch kurz in einer Bar auf einen Kaffee ein.
Dann geht's zum CP. Im Restaurant kann man erst ab 20 Uhr essen. Wir planen die Reise für morgen und gehen später essen gebackenen Käse aus Galicien mit Nüssen, Filet vom Kalb, Ochsen und Schwein mit Pommes und gebackenem Gemüse, sehr gut). Wim backt vorher noch ein paar leckere Röllchen auf, wir haben nämlich großen Hunger, Pilgern zehrt. Bazou ist auch platt und schläft. Ein herrlicher Tag! Nachts schlafen wir sicher wunderbar.
09.01.2015 Freitag – Ponte Sampayo
Die Nacht war kurz, um 5 bin ich schon wach. Bazou schleicht unter meine Decke, ist aber dann ziemlich unruhig. Ich gehe duschen auf dem CP mit mehr oder weniger warmem Wasser in eiskalten Räumen, scheußlich. Wir frühstücken und fahren ab mit Ziel Hafenstädtchen Porto do Son. Leider ist es sehr neblig und bedeckt, aber die bunten Boote und die emsigen Fischer sind trotzdem schön anzusehen, wie auch der Spaziergang auf der Promenade.
Wir fahren weiter zur Castro de Barona, einer 23.000 qm großen keltischen Ausgrabungsstätte am Meer, ein geschütztes Kulturerbe, 1933 entdeckt und 1984 ausgegraben. An einem geschlossenen, verlassen wirkenden Lokal parken wir am Straßenrand, werden aber schon von einem weißen Schäferhund beobachtet, der letztlich aber friedlich ist, nachdem er Bazou sofort behöckelt, von Bazou aber beim wiederholten Versuch den Marsch geblasen bekommt. Wir wandern durch einen Wald über einen uralten Weg aus riesigen Natursteinplatten, oder besser gesagt flachen Steinen. Und aus einer Lichtung heraus erblicken wir die vielen runden Steinfundamente, die Rest der Behausungen auf einem Klippenzug, von Wellen umtost. Einfach herrlich und sehr beeindruckend.
Irgendwie mystisch, nicht nur, weil das Licht so fahl ist, der Nebel wabert und die Wellen brausen und donnern mit unbändiger Kraft. Ein wunderbarer Ort. Wir erkunden alles, es macht sehr viel Spaß, auch weil Bazou so interessiert herum schlendert und die fast goldfarbenen Sandbuchten ringsherum genießt.
Weiterfahrt steht an, wir wollen nicht in eine naheliegende Bucht, wie geplant, weil es immer noch nicht sonniger geworden ist, sondern ziehen südlicher. Auf der Autobahn sehen wir auf der Gegenfahrbahn, wie mehrere Polizisten schwer bewaffnet und mit Schäferhunden ein Fahrzeug ausbremsen. Wir suchen ein weiteres Ziel, näher an Porto. Nähe Grenze Spanien-Portugal vor Vigo in Ponte Sampayo soll es einen sehr schönen Platz an einer uralten Römerbrücke geben, die man aber möglichst nicht befahren sollte mit "schwerem Gerät". Wir suchen, fahren, suchen, und schwupp müssen wir, weil nichts anderes außer Notwassern möglich ist, über die gepflasterte, schmale und steinalte Römerbrücke. Toll! Hatte vorher noch Witze darüber gemacht.
Wir kommen nun im gegenüber liegenden Ort an, halten am Straßenrand, um ein neues Ziel zu überlegen. Ein Mann stoppt sein Auto neben uns, steigt aus, will uns führen, spricht gut Deutsch, war 5 Jahre in Stuttgart, war total freudig uns gegenüber. Dann taucht eine Frau auf, die noch besser Deutsch spricht, fehlerfrei, sie habe in Gütersloh gelebt, sei mit den Eltern aber dann wieder zurück, wolle aber lieber wieder nach Deutschland. Sie überlegen mit uns, wo wir über Nacht parken könnten. Der Mann will uns schon lotsen. Sowas von liebenswürdig. Wir fahren weiter und erreichen über eine weitere Brücke einen wunderschönen Platz direkt am Rande einer Promenade am riesigen Flussmündungsdelta. Was will man mehr! Erstklassig! Sogar V/E wäre möglich. Ein englisches Womo steht da. Wim schwärmt wegen Brotsuche aus, ich streune mit Bazou am Uferrand entlang. Die Sonne geht unter, erst um 19 Uhr dämmert es. Ich beginne mit dem Kochen, etwas Linsensalat, geschmorte Zwiebel, Knoblauchchips, Schinken und Chorizzo. Danach gibt es Rösti, noch aus Frankreich, große Steaks und Salat. Sehr exquisit, und dann mit diesem Ausblick. Eine Komödie mit toller Besetzung kommt im TV, das wollen wir gucken, vorher einen Brennpunkt, weil es leider zwei Attentate in Paris gegeben hat.